DieYagas – eine Hexendynastie, Teil 2
erzählt von Baba Yaga
Die Dinge kommen leider nicht immer so, wie man plant!
Zunächst einmal hatte ich das Heft ja noch fest in der Hand: "Heute gehen wir aus!" Mehr sagte ich Cynthia zunächst einmal nicht. Immerhin konnte ich sie dazu bewegen, sich etwas hübsch zu machen. Ich hatte mir fest vorgenommen, diese angeblichen Zaubermeister namens Sorcerer in unserer Nachbarschaft aufzusuchen, wollte ich doch erkunden, ob sich eine Allianz zum Zwecke der Fortpflanzung schmieden ließe. Doch das wollte ich Cynthia so direkt lieber nicht sagen.
Und so kam es, dass wir vor der Tür von Sorcerers Wasserschlösschen standen - Cynthia skeptisch bis neugierig, und ich selber wusste gar nicht mehr so recht, ob ich das Richtige vorhatte.
Und dann nahm das Schicksal seinen Lauf:
Es öffnete uns ein ernster junger Mann, auf den Cynthia zu meiner Überraschung sofort zuging.
Man servierte uns sogleich ein Essen, das wir aber alleine zu uns nehmen mussten - warum auch immer, aber ich fand es doch etwas unhöflich!
Was danach geschah, weiß ich nicht mehr so recht, nur dass wir uns schließlich auf dem Küchenboden schlafend fanden, ehe ich mit Cynthia nach Hause eilte.
Den Rest der Geschichte habe ich erst später von Cynthia erfahren:
Da hat uns wohl der alte Solomon einen gehörigen Streich gespielt - gerissener Giftmischer, der er ist! Obwohl wir ihn gar nicht zu Gesicht bekommen haben. Ich weiß nur noch, dass ich dringend mit ihm sprechen wollte und Cynthia mit Simon eine Partie Schach begonnen hat.
Simon hat dann Cynthia eingeladen, sich das Grundstück zu betrachten ...
... hat dem guten Kind Blumen geschenkt! ...
(Man denke: Sie kennt so etwas doch gar nicht!)
Kurzum: Er hat sie wohl regelrecht verführt! Und dieses sonst so kluge und männerfeindliche Kind hat sich einfach so verführen lassen! Ich begreife die Welt nicht mehr! Das kann doch bloß ein Liebestrank bewirkt haben! Elende Schurken!
Jetzt hockt sie nachdenklich im Kinderzimmer herum - schwanger wie sie ist!
Und liest Bücher über Schwangerschaft und Geburt!
Ich bin hin- und hergerissen: Einerseits wollte ich dieses Kind ja selber unbedingt und habe mir wer weiß welche Sorgen gemacht, wie ich Cynthia dazu bringen könnte. Und dann kommen so zwei dahergelaufene Zaubermeister und nehmen sich ungefragt solche Freiheiten heraus! Unverschämtheit!!!
Immerhin hätte ich doch vorher genau wissen wollen, mit wem wir es zu tun haben und worauf wir uns einlassen. Mir bleibt immer noch die Luft weg vor Empörung, wenn ich über diesen hinterhältigen Giftanschlag nachdenke!
Doch das Leben geht weiter und jetzt ist es am allerwichtigsten, dass Schwangerschaft und Geburt gut verlaufen und das Mädchen - natürlich wird es ein Mädchen! Da kenne ich schon Mittel und Wege! - gut aufwächst.
Unser altes Kinderzimmer, in dem auch wir beide schon groß wurden, hatte ich ja bereits vor
einiger Zeit entstaubt und vorbereitet, ohne zu ahnen, wie schnell wir es brauchen würden.
Stellen wir uns also den Notwendigkeiten und machen das Beste daraus! Immerhin wird so unsere Dynastie gerettet! Da zählen persönliche Befindlichkeiten wenig!
Wenigstens hat sie sich inzwischen ganz offensichtlich mit der Schwangerschaft abgefunden. Ich habe ihr auch gut zugeredet und versprochen, es ihr in der Zeit so angenehm wie möglich zu machen, trägt sie doch unsere Zukunft aus!
Ich glaube, sie hat das jetzt begriffen. Ihre Tage verbringt sie entweder mit dem Lesen von Schwangerschaftsbüchern ...
... oder im Nektarkeller! Das hat schon fast manische Züge! Aber, es beruhigt sie!
Mit der Melonendiät ist sie nämlich recht unglücklich. Doch daran geht kein Weg vorbei: "Melonen, Melonen, Melonen" ist die Devise, denn es muss ein Hexlein werden!
Außerdem ist viel Ruhe angesagt, damit auch sicher nichts schief läuft. Wenn wir schon Zauberersamen ergattert haben, dann muss unser Vorhaben auch gelingen, selbst wenn die Schwangerschaft auf schändliche Weise herbeigeführt wurde.
Den Kontakt zu den Sorcerers habe ich ihr übrigens strikt verboten! Die brauchen von ihrem "Erfolg" nichts zu wissen.
Die Geburt unseres Hexleins steht kurz bevor. Cynthia jammert und stöhnt schon über ihren dicken Bauch. Aber es kann ja nun nicht mehr lange dauern ...
Hab ich's nicht gesagt?
Jetzt wird's schwierig, denn Hexengeburten verlaufen meist äußerst schmerzhaft und langwierig.Ich kann da auch nicht viel helfen - und wenn Cynthia mich noch so sehr verflucht! Da muss sie jetzt durch.
Wie immer ist gleich nach der Geburt alles schon wieder vergessen:
Cynthia ist mächtig stolz auf ihre Leistung und ich bin überglücklich unsere Nachfolgerin be-grüßen zu dürfen. Aranka Baba Yaga betritt die Bühne der Welt! Nun ist es unsere Aufgabe, sie im Sinne unserer Urmutter zu erziehen.
Ich werde mich ihrer von Anfang an annehmen müssen. Cynthia, das gute Kind, ist ja selber noch nicht ganz fertig mit ihrer Ausbildung. Außerdem bin ich schon ganz vernarrt in die Kleine! (Ich fürchte nur, sie hat die Hautfarbe ihres Vaters geerbt.)
Unserem Hexlein soll es an nichts fehlen!
Und ich freue mich schon darauf, sie alle meine Künste zu lehren!
Die Zeit zu ihrem ersten Geburtstag vergeht schnell. Wir haben uns zur Feier des Tages chic gemacht und eine Torte besorgt. Jetzt sind wir natürlich sehr gespannt, wie unser Schätzchen aussehen wird.
Ein apartes Kind – nicht wahr? Wir sind sehr stolz auf sie! Und ihre Charaktereigenschaften „böse“ und „exzentrisch“ lassen vielerlei Hoffnungen zu!
Leider fällt mir Cynthia zunehmend auf die Nerven! Dauernd muss ich mir Dinge anhören wie „Das Kind sollte seinen Vater kennen.“ oder „Man sollte doch mehr über den Vater wissen!“ Das legt mir den Verdacht nahe, dass Cynthia Simon Sorcerer doch nicht einfach so vergessen hat, wie sie mir weismachen wollte. Mir passt das alles gar nicht!
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