Wilma Blomquist entdeckt Smaskargard, Teil 3


Tag 8

 

Nach dem Frühstück mit Thorben hab ich mich ganz schnell nach Hause verkrümelt. Ich muss erst einmal mein inneres Gleichgewicht wieder finden ... und einen Plan entwickeln, wie es weitergehen soll ... mit mir und Thorben und überhaupt ...

Heute will ich mich mal auf neutralem Terrain bewegen und die Kirche besuchen.

Die Kirche muss ziemlich alt sein, denn sie ist verhältnismäßig klein und heißt ‘Alte Dorfkirche’. Innen ist sie recht behaglich eingerichtet. Ich setze mich erst einmal auf eine der Kirchenbänke und schau mich in Ruhe um. 

Da sehe ich eine Schrifttafel an der linken Wand.

 

Neugierig, wie ich bin, schaue ich mir gleich mal die Inschrift an: ‘Wer die Wahrheit ans Licht bringen will, muss tief in die Dunkelheit hinabsteigen’.

Hm - was das wohl bedeutet? Sollte das ein Hinweis auf so etwas wie eine Unterkirche sein? In manchen Kirchen gibt es ja eine Krypta aus einer Zeit vor Entstehung der eigentlichen Kirche. Aber ich kann keine Treppe nach unten finden - jedenfalls nicht hier im Innenraum. Ob es außen irgendwo eine Treppe gibt? Vielleicht auf dem Friedhof? Na - da muss ich mal gucken!

Außer Gräbern und dem Mausoleum kann ich da aber nichts finden. Erst als ich die Kirche ganz umrunde, entdecke ich eine Treppe nach unten.

Mit klopfendem Herzen mache ich mich an den Abstieg. Unten umfängt mich fast völlige Dunkelheit. Nur ein paar Fackeln geben spärliches Licht. 

Dennoch entdecke ich nach einer Weile eine seltsame Steinplatte mit Fußabdrücken. Als ich mich draufstelle, ertönt ein hässlich knarrendes Geräusch. Hat sich da ein Zugang geöffnet? Tatsächlich finde ich eine Treppe, wo vorher keine war!

Aber unten treff ich erst mal nur auf Schutt und altes Gerümpel.

Und zuletzt dann noch auf eine verschlossene Tür. 

Ohne den passenden Schlüsselstein ist hier nichts zu machen. Aber wo bekomme ich den her? Das Wühlen im Schutt bringt auch nichts. Frustriert gehe ich nach Hause. Weiß ja sowieso nicht, ob da irgendwas zu finden ist, was mit dem Fall zu tun hat!?


Aber da gibt es am späten Nachmittag noch eine nette Überraschung: Besuch!

Sara Carlsen kommt mit ihrer Freundin Rosa Rosenröd und deren Tochter Lila. Na dann mach ich uns doch gleich mal was zum Essen:  

Wir unterhalten uns in gemütlicher Runde und kommen uns dabei rasch näher:

Die Rosenröds sind neu aus Stockholm zugezogen, und Sara klappert mit ihnen die ganze Gegend ab, damit sie Smaskargard möglichst bald kennen lernen. Rosa Rosenröd hat eine Stelle bei der Feuerwehr gefunden, und Sara erzählt, dass sie im Wellnesscenter arbeitet, seit sie geschieden ist. Ich finde die beiden recht sympathisch (auch wenn sich mir die Geschichte mit der Scheidung nicht erschließt!). Wir beschließen jedenfalls, uns öfter mal zu treffen. 

Weil die Kleine sich langweilt, spiele ich zuletzt allen noch ein bisschen was vor.

Ermittlungstechnisch hat mir der Abend allerdings nichts gebracht, denn die Rosenröds sind neu hier und die Geschichte der Carlsens kenne ich ja schon. Aber halt - sagte Rosa nicht, dass sie Liska Holm - die offizielle Ermittlerin im Fall Sjöberg - aus Stockholm kennt. Da müsste sich doch ein Vorteil für mich draus ziehen lassen! Möglicherweise komme ich dadurch dieser Liska Holm etwas näher?

 

Tag 9

 

Heute habe ich wieder Dienst bei Sjöbergs, und ich habe vor, diesem Koch - Ilian Lundquist - ein bisschen auf den Zahn zu fühlen.

Dieses Mal werde ich von Terezia Sjöberg persönlich begrüßt. Die Dame ist zunächst recht reserviert - ganz First Lady! Sie befragt mich direkt zu meiner Haltung dem Umweltschutz gegenüber - was für eine seltsame Art der Begrüßung! Sie scheint aber mit meinen Antworten zufrieden zu sein. Na immerhin!

 

Gnädig erlaubt sie mir, mit der Arbeit zu beginnen. Da ich höre, dass jemand in der Küche mit den Töpfen klappert, fange ich doch gleich mal dort an. Und richtig, Ilian Lundquist bereitet das Mittagessen vor.

Während die Gemüseburger im Backofen garen, hat er Zeit für ein kleines Schwätzchen. So habe ich mir das vorgestellt!

Ich lasse einfließen, dass ich ihn wegen seiner politischen Haltung bewundere. Da wird er ganz rot vor Stolz! Und es dauert nicht lange, bis er mir einiges anvertraut, der gute Junge!

So erhalte ich die Bestätigung für das, was ich ja eigentlich schon von Merit Sjöberg weiß. Er erzählt mir, wie sehr er unter Christer Sjöbergs Schikanen gelitten hat und dass er ihm keine Träne nachweint. Dass ihn das verdächtig macht, scheint ihn überhaupt nicht zu stören. (Klar - er denkt ja auch nicht, dass ich als Hausmädchen getarnt, private Ermittlungen anstelle!) Andererseits traue ich es ihm aber auch kaum zu, den Hausherrn erschlagen zu haben.

Dennoch - sein Motiv hätte ja sein können, dass er seinen Beschützerinnen Terezia und Merit einen Gefallen tun wollte. (Ob er wohl vom Ehebruch weiß?) Oder es ergab sich ganz einfach eine Situation, in der ein Streit eskalierte? Hatte nicht Merit erzählt, dass es schon einmal zu einer Schlägerei zwischen ihm und Christer Sjöberg gekommen war? Fragen über Fragen ...

Aber ich glaube, es lohnt sich nicht, weiter hier zu arbeiten. Mehr wird sich in der Villa kaum herausfinden lassen. Ich kündige! Keine Lust auf unnötiges Staubwischen etc.

 

Anschließend gehe ich ins Café! Ich muss mal nachdenken, was ich als Nächstes unternehme ...

Das wird mir abgenommen, als Sara erscheint. Auch sie will hier nach der Arbeit entspannen. Sie umarmt mich freundlich ... und wieder wird mir bewusst, dass ich ihr gegenüber sehr zwiespältige Gefühle habe!

Ich finde sie sehr nett und aufgeschlossen, aber ich verstehe nicht, wieso sie ihre Familie verlassen hat - nur weil sie sich schämte, als Sjöberg ihren Mann verleumdete? Das ist doch merkwürdig! Kann man so sehr von der öffentlichen Meinung abhängig sein? Und wo bleibt da die Loyalität dem eigenen Mann gegenüber?

Da wir heute alleine sind, spreche ich sie direkt darauf an, ohne mit dem hysterischen Anfall zu rechnen, der nun folgt:

‘Du hast ja keine Ahnung! Zu Tode geschämt habe ich mich ... und Frederik hat überhaupt nicht kapiert, wie schrecklich das alles für mich war. Und Ronja hat immer nur rumgeheult, statt mich zu unterstützen! Ich hab das nicht mehr ausgehalten! Ich will selber was aus mir machen! Ich will anerkannt werden! Was soll ich da mit einem Loser wie Frederik? Am liebsten hätte ich ja damals den Sjöberg erwürgt ... naja ... das hat sich inzwischen erledigt. Aber Frederik als Enthüllungsreporter - das ertrag ich einfach nicht! Das ist doch kein anständiger Beruf! Ich weiß ja, dass er mich noch immer liebt, aber nein, nein, nein! Ich bin viel zu ehrgeizig, als dass ich noch mit ihm zusammenleben könnte!’

Merkürdige Frau - denke ich mir ... aber den Sjöberg hat sie wohl nicht auf dem Gewissen. Rache aus Liebe zu ihrem Mann hätte ja ein Motiv sein können ... aber diese kaltherzige Zicke dreht sich ja nur um sich selber! Ich geh dann lieber mal nach Hause.

 

Tag 10

 

Heute früh bin ich mit einer genialen Idee aufgewacht! Nun ich hoffe halt mal, dass sie genial ist ...

Ich werde einfach in den Salon ‘Elle&Belle’ gehen und fragen, ob sie eine Praktikantenstelle für mich haben (wegen Berufsfindung und so ...). Ich möchte nämlich gerne mal noch andere Leute kennen lernen. Und in so einen Laden kommen doch sicher viele ... und dieser Erik Erikson ist sicher auch ein interessanter Typ ....

Erst dachte ich, ich könnte im Café aushelfen, aber die brauchen niemanden, die haben dort Selbstbedienung.

Nun, vielleicht klappt es ja. Heute muss ich mich sorgfältig zurecht machen ...

 

(Hoffentlich geht das so? Ich hab ja nicht so viele Klamotten.)

... und dann mache ich mich hoffnungsvoll auf den Weg ...

Im Salon begrüßt mich eine chice Dame, die erstaunlicherweise gar keine Schwierigkeiten macht. Sie sagt, ich solle es ruhig mal ausprobieren. (Prima!!!) 

Gleich ruft sie Erik Erikson herbei, der so was wie der Star des Hauses zu sein scheint oder sich mindestens dafür hält!

Was ist das nur für ein eingebildeter Fatzke ... oder stimmt sonst was nicht mit ihm? Er bewegt sich so seltsam und gebraucht so übertriebene Gesten ...

Dabei ist er durchaus freundlich. Irgendwie verwirrt mich dieser Typ!

Unter den strengen Blicken der Stylistin darf ich dann tatsächlich helfen, einen Kunden zu bedienen. (Man hat mir sogar ein chices Outfit zur Verfügung gestellt!)

Vielleicht kann ich hier wirklich eine Weile arbeiten, etwas Taschengeld verdienen und gleichzeitig Smaskargarder Bürger kennen lernen? Wäre gar nicht übel!

Nach Dienstschluss lädt Erik Erikson mich in die ‘Alte Tanke’ zur Happy Hour ein. (Das finde ich rührend nett von ihm!)

Diese Kneipe scheint hier wirklich der Treffpunkt zu sein. Leider fällt mir das erst ein, als es zu spät ist! Denn wer steht da an der Theke? Thorben! 

Mich trifft fast der Schlag! Das ist jatzt extrem ungünstig ... was denkt Thorben wohl? (Wir haben uns nicht mehr gesehen, seit ...) Was wird sich Erik denken?

Thorben jedenfalls geht gleich auf mich los und beschimpft mich:

Noch hat Erik nichts bemerkt. Aber lange wird ihm die Szene nicht verborgen bleiben, die Thorben aufs Parkett legt.

Schließlich verschwindet er und ich stürze mich auf die Drinks.

Später gestehe ich Erik beschämt, dass Thorben Sjöberg wohl eifersüchtig war.

Doch den interessiert das zum Glück gar nicht. Der kreist einzig und allein um seine eigenen Sorgen:


‘Ich habe ihn so geliebt, und er hat mir das Herz gebrochen. Er wollte mich verleugnen. Er hat sich unserer Beziehung geschämt. Das hat mich schier umgebracht. Ich konnte ihm das nicht verzeihen - nur wegen der Leute und seines Ansehens als BM - pff! Was hasse ich ihn dafür noch immer!’ (Mir dämmert etwas: Erik ist schwul! Na klar! Das erklärt so manches. Ich kapiere plötzlich, dass er von Christer Sjöberg spricht!)

Was ist das jetzt? Ein Geständnis? Oder ist das nur das Theater eines gekränkten Narzissten? Bei Erik scheint mir alles möglich ...

Für heute habe ich die Nase gestrichen voll!