Wilma Blomquist entdeckt Smaskargard, Teil 5


 

Tag 15

 

Heute geht es mir wieder besser. Gleich nach dem Frühstück gehe ich zu Olof Olsson, auch wenn es gerade heftig schneit.

Leider öffnet er auf mein Klingeln nicht. Na - vielleicht arbeitet er ja in seinem Gewächshaus. Und tatsächlich finde ich ihn dort.

Ich will ja nicht stören, wenn er keine Zeit hat, sonst ist er womöglich verstimmt. Immerhin begleitet er mich nach draußen, und wir plaudern noch etwas. Natürlich über seine Lieblingsthemen Gartenbau und Umweltpolitik!

Aber ich erfahre auch etwas überaus Wichtiges, das mir weiterhelfen könnte: Er wird am späten Nachmittag bei einer Demo sprechen!

Das wäre doch die Gelegenheit, das Grundstück hier in seiner Abwesenheit zu inspizieren. Ich bin ganz begeistert von meiner Idee! Dann aber komme ich endlich auf die Kuhpflanzen zu sprechen.

Ich wüsste doch zu gerne, was es mit diesen Pflanzen auf sich hat. Mein Interesse an dem Thema löst irgendetwas bei ihm aus. Eifrig bittet er mich, zu ihm ins Haus zu kommen. Er habe da gerade ein Prachtexemplar, das er mir zeigen möchte. Selten genug - so meint er - gibt es Leute, die sich für diese prächtigen Pflanzen interessieren.

Dann gerät er ins Schwärmen:

‘Man muss die Laganaphyllis Simnovorii regelmäßig füttern und mit ihr spielen, damit sie glücklich und gesund bleibt. Eine vernachlässigte Kuhpflanze lauert Ahnungslosen auf, wenn sie ein paar Tage nichts gefressen hat. Die Kuhpflanze produziert Milch, nachdem sie ein Lebewesen geknabbert hat. Diese Milch revitalisiert und verjüngt. Im Moment habe ich einige kleine Pflänzchen - so wie dieses hier. Wenn es mir gelingt, sie in großem Stil zu züchten, bin ich ein gemachter Mann!’ Seine Augen leuchten bei diesem Gedanken.

Und ich fühle mich in meiner Idee bestätigt, dass ich mich mal alleine gründlich auf diesem Grundstück umsehen sollte. Dann will ich mich nun ausruhen für das nachmittägliche Abenteuer.

 

Am späten Nachmittag dann - die Demo beginnt um 17 Uhr - finde ich mich wieder auf dem Grundstück von Olsson ein. Ich streiche überall herum. Das Gewächshaus kenne ich ja schon - da war nichts. Im Schuppen finde ich nur alte Fässer und irgendwelchen Krempel von Straßenaktionen.

 

 

Dass er Umweltaktivist ist, ist ja nun hinreichend bekannt. Hinter dem Schuppen finde ich einen riesigen Felsbrocken und bei näherem Hinsehen ...

 

... wow! Sind das nicht Knochen? Ich komme ins Grübeln! Wieso sind hier Knochen versteckt?


Beim weiteren Rundgang durch den Garten stoße ich auf eine Kellertreppe - gut hinter den Büschen versteckt. Klar, dass ich mir den Keller ansehen muss

Der Keller ist ziemlich duster und völlig vollgestellt mit Sperrmüll. Da kommt man ja kaum durch ... Aber ich entdecke eine versperrte Tür ... aha ... nun wird es spannend. Leider habe ich kein Werkzeug ... und hier finde ich auch keines. Wie kriege ich bloß die Tür auf? 

Ich muss nachdenken, und zwar schnell ... auf’s Klo müsste ich auch dringend, aber ins Haus komme ich nicht rein. Da entdecke ich doch tatsächlich eine olle Kloschüssel. Ob man die benutzen kann?

Was soll’s - ich will ja nicht in die Hose machen.

Dass das Becken wohl verstopft ist, stört mich nicht weiter.

Aber - was sehe ich, als ich mich wieder der verschlossenen Tür zuwenden will?

  

Die Kette ist weg! Wie das? Kapier ich nicht! - oder gab es da eine Verbindung zum Klo? Sehr merkwürdig!

Nun - ich zögere nicht lange und gehe in den nächsten Raum:

Wahnsinn! Grünes Licht empfängt mich ... und ich erkenne Pflanzschalen und anderes Gartenzubehör ... Ich glaube, ich habe die geheime Kuhpflanzenzuchtstation entdeckt!

Lauter kleine Kuhpflänzchen - so wie das, das er mir heute Morgen gezeigt hat!

Und dann zucke ich vor Schreck zusammen: Ein unheimliches tiefes ‘Muuuh!’ ertönt und ... da ... da ... im Käfig - da ist eine riesig große Kuhpflanze eingesperrt.

Mein Gott - was bin ich froh, dass die hinter Schloss und Riegel ist!

Bei genauerem Hinsehen erkenne ich nämlich noch die Überreste ihrer letzten Mahlzeit ... boah!

Und was dieses Geschöpf für Zähne hat ...

Für heute bin ich fertig mit der Welt!

Ich muss dringend nach Hause und nachdenken. Kann diese Zucht hier irgendetwas mit dem Mord zu tun haben? Ist den Detektiven nicht auch die Kuhpflanze in Sjöbergs Arbeitszimmer aufgefallen? Diese Knochen hier im Käfig und draußen hinterm Schuppen geben mir schwer zu denken ...

 

Mir wird übel ... das Nachdenken bekommt mir gar nicht ... was soll ich bloß tun? Da fällt mir ein, dass es doch das neue Discoboot gibt -  im Hafen gleich hinter meinem Haus! Einfach abtanzen - das wär’s! Da muss ich wenigstens nicht nachdenken ...

 

Das Beste an dieser Nacht: Es gibt auch noch andere interessante Männer außer diesem Thorben in Smaskargard.

 

 

Tag 16

 

 

Noch beschwingt von der vergnüglichen Nacht fasse ich frischen Mut: Ich will mir die verflixte Gruft noch einmal genauer ansehen. Da muss es doch einfach was zu finden geben!

Also dann - noch einmal tief durchatmen ... Zunächst komme ich auch - zwar mit Mühe, aber ohne echte Probleme - voran.

 

Bis ich dann da bin, wo ich letztens aufgegeben habe.

Geändert hat sich leider nichts, nur dass ich heute in etwas besserer mentaler und körperlicher Verfassung bin.

Und - oh Wunder - es gelingt mir, die beiden ersten Hindernisse tollkühn zu überwinden!

Das dritte ist dann überhaupt kein Problem mehr.

Und ich kann direkt durch die Tür gehen.

Oha - ich habe es tatsächlich geschafft! Ich bin echt stolz auf mich!

Und was ist das hier überhaupt? Eine versteckte Bibliothek ? - Sehr seltsam!

Einen Ausgang finde ich jedoch nicht! Aber es muss einen geben. Nach langer gründlicher Suche finde ich einen Schalter.

Und siehe da: Es öffnet sich eine Geheimtüre!

Der Raum dahinter ist merkwürdig leer. Ein bisschen Krempel, ein paar Gefäße, nichts Besonderes. Ich gerate ins Grübeln: Hier muss es einen Ausgang geben, denn sonst wäre das ja alles völlig sinnlos.

Voller Wut und Verzweiflung zerre ich an der Fackel ... und höre ein mir schon bekanntes knirschendes und quietschendes Geräusch: eine Treppe tut sich auf!

Was mich nun wohl erwartet? Ich bin gespannt, was am Ende dieser Odyssee steht ... Ich gelange in einen winzigen Raum., der mit Weinfässern und zwei Statuen vollgestellt ist. Was mir ins Auge sticht, ist eine verrammelte Tür, die aber in einen interessanten Raum zu führen scheint.

Als ich an den Statuen rumfummle, sehe ich plötzlich so einen Trittschalter! ... und wie komme ich da jetzt dran?

Cool. Die Statue lässt sich bewegen. Aber es ist verdammt mühsam, sie wegzuziehen.

Wenigstens kann ich mich nun auf den Schalter stellen. Bringt bloß nichts: Wenn ich darauf stehe, öffnet sich das Kettenschloss, sobald ich aber runtergehe, schnappt es wieder zu. Da müsste man schon zu zweit sein ... 

... oder eine geniale Idee haben ... Ja klar! Die zweite Statue!

Noch einmal eine Kraftanstrengung, aber dann ist es geschafft!

Die Kette fällt ab!

Boah! Das ist die Gruft! Ich sehe lauter Urnen an den Wänden - aber auch ein Skelett, das einfach so rumliegt ... Wieso denn das?

Vor lauter Anspannung und Erschöpfung breche in Tränen aus:

Aber da ... da ist doch was ... da liegt neben den Urnen ein Schlüsselstein!

Klar, dass ich den an mich nehme! Den hab ich mir verdient! Und was das Beste daran ist - den haben die Detektive noch nicht - oder? Beschwingt gehe ich weiter zur Tür. Erstmal die Schrifttafel lesen ... och nee! Das ist jetzt nicht wahr:

Von vorne - aber was heißt vorne - wo ist vorne? Ich denke eine Weile lang nach ... ich habe absolut keine Lust den ganzen Sch... noch einmal mitzumachen ...

Deshalb starte ich erst einmal mit diesem Raum. Vielleicht genügt es ja, bei allen Urnen zu trauern?

Nach dem ich einen ganzen See von Tränen vergossen habe (fällt mir gar nicht schwer, weil ich so fertig bin) - springt doch tatsächlich die Türe auf. Geschafft!

 

Och nee ... nicht schon wieder baden ... Aber auch dieses Hindernis überwinde ich noch.

Beim Herauskrabbeln aus dem Tauchbrunnen bemerke ich einen weiteren Trittschalter - hoffentlich das letzte Hindernis!

Aber, wo bin ich nun? Zu meiner Überraschung ist der Ausgang nicht weit, denn ich befinde mich im Mausoleum.

Jetzt will ich nur noch eine heiße Dusche! (Die sollte es im Fitnesscenter geben.)

Und danach einen kräftigen Drink und was zu essen.

Eine heiße Suppe ist genau das Richtige!

Und dann ab ins Bett!

 

 

Tag 17



Nach dem Aufstehen mache ich mich noch vor dem Frühstück daran, meine Gedanken zu ordnen und alles aufzuschreiben, was ich in den letzten Tagen herausgefunden habe. Ich mache mir mal eine Aufstellung der Verdächtigen und ihrer Motive:

 

Verdächtige                                        Motive               

 

Witwe Sjöberg                                                   Ehebruch, politische Differenzen

                                                         

Tochter Merit                                                    Hass wegen Feindschaft zu Ilian               

 

Koch Ilian Lundquist                                     Hass wegen Demütigung, Politik              

 

Halbbruder Thorben Sjöberg                     Hass wegen Benachteiligung, Politik              

 

Geliebte Airin Dahlberg                                Hass wegen Verlassenwerden              

 

Geliebter Erik Erikson                                   Hass wegen verschmähter Liebe              

 

früherer Kollege Frederik Carlsen             Hass wegen Verleumdung, Politik

 

dessen Exfrau Sara Carlsen                          Hass wegen Rufschädigung              

 

Olof Olsson                                                         Politik, Affäre mit Ehefrau?

 

Tyra Katt                                                               kein Motiv                                                        

 

Familie Schlodder                                              kein Motiv

 

 

Nun welche Schlussfolgerungen ziehe ich daraus:

 

Tyra Katt und Familie Schlodder kann ich ausklammern.


Die Witwe hat andere Interessen, ihr war eher egal, was ihr Mann trieb.


Das Motiv der Tochter ist zu schwach.


Der Koch ist von seiner Persönlichkeit her nicht der Typ des Totschlägers.


Thorben Sjöberg geht in seiner politischen Mission auf.


Airin Dahlberg genießt trotz der Enttäuschung ihr Leben in Reichtum.


Erik Erikson lliebt Christer Sjöberg noch immer.


Frederik Carlsen hat sich mit seinem neuen Beruf arrangiert.


Seine Exfrau ist zwar hysterisch, aber viel zu sehr auf ihr persönliches Ansehen fixiert.


Bleibt Olof Olsson , der sich in Terezia Sjöberg verliebt hat und die Politik Sjöbergs vehement bekämpfte - aber ob das reicht, um einen Mord zu begehen?


Eigentlich verfolgt mich ein anderer Gedanke: Wie ist es, wenn er Sjöberg eher zufällig in dessen Haus begegnete und mit ihm in Streit geriet? Ihn vielleicht im Affekt erschlagen hat? Oder weil er ihn an seine Kuhpflanzen verfüttern wollte?

Absurd - aber andererseits hat er ja wirklich eine Macke und schon mindestens mehrere Katzen, wenn nicht andere Lebewesen auf dem Gewissen? (Man denke nur an die Knochen, die ich auf seinem Grundstück gefunden habe.)

 

 

Jetzt muss ich erst einmal etwas frühstücken! Im Kühlschrank finde ich noch ein paar Reste.

Am meisten beschäftigt mich inzwischen die Rolle, die die Detektive spielen. Ich bin ziemlich sicher, dass sie in etwa das Gleiche in Erfahrung gebracht haben, wie ich. Welche Schlüsse sie daraus gezogen haben, weiß ich natürlich nicht so genau.

Ob sie bei ihren Recherchen auch auf Olof Olsson gestoßen sind? Vielleicht stammt ja sogar das Ehebruchsvideo von ihm? Eine Videokamera hat er jedenfalls.

Wenn er nicht mehr mitansehen konnte, wie Sjöberg die geliebte Frau behandelt, hatte er vielleicht vor, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Er bringt den Kerl um die Ecke, hat eine ordentlich große Portion für die Kuhpflanze und seine Liebe ist frei. Allerdings ist er bei der Tat überrascht worden und konnte so die Leiche nicht entfernen.

Hm - klingt doch gar nicht so unwahrscheinlich!

Ich muss gleich einmal zur Detektei und nachfragen. Außerdem haben sie ja vielleicht eine Idee, wo der Schlüsselstein passen könnte. Da bin ich nämlich völlig ohne Plan!

Liska begrüßt mich freundlich, aber distanziert.

Nun - ich will jetzt wissen, was Sache ist, und erzähle ihr gleich von dem Schlüsselstein. 

Sie reagiert merkwürdigerweise eher erschrocken als neugierig! Seltsam!

Wieso erschreckt es sie so, dass ich den Schlüsselstein erwähne? Sie merkt an meinem Gesichtsausdruck, dass mir das verdächtig vorkommt, und windet sich.

‘Wie soll ich das nur erklären ... was soll ich sagen ...? Tja wir ... ich meine Jerik und ich ... wir ... wir haben herausgefunden, dass Olof Olsson den BM erschlagen hat. Aber ... wir haben bisher niemandem etwas davon erzählt.’ 

Und nach einer peinlichen Pause: ‘Ach - was soll’s - du weißt ja eh schon fast alles ... komm einfach mal mit nach oben.’ Ich folge ihr gespannt! Jetzt wird sich ja wohl alles lösen - oder?

Und oben findet sich in der Tat ein Schloss zum Schlüssel!

Also wenn der jetzt passt, dann heißt das doch auch, dass Liska und Jerik die Gruft unter der Kirche als Versteck missbraucht haben! Warum nur?


Nach den üblichen Schwierigkeiten mit dem Trittschalter ...

... gelange ich in den merkwürdigsten Ausstellungraum, den ich je gesehen habe!

Umrahmt von Kuhplanzenstatuen findet sich eine Kiste mit Fotos drin. und was für Fotos! Es sind ganz offensichtlich Beweisaufnahmen aus  Olssons Keller:

Fassungslos schaue ich Liska an. ‘Tja’, sagt sie ‘Das verlangt wohl nach einer Erklärung ...?’

 

Und da kommt auch Jerik nach Hause. Wir setzen uns unten im Wohnzimmer zusammen. Und nun erläutert Jerik ziemlich verlegen die Situation:

’Weißt du, wir haben Olof durch Zufall kennengelernt und fanden ihn und seine Ansichten ziemlich sympathisch. Liska ist aber - während ich mir zusammen mit Olof sein Gewächshaus anschaute - in den Keller geschlichen. Am Abend hat sie mir dann die Bilder gezeigt. Wir kamen beide zu der Überzeugung, dass Olof den BM erschlagen hat - vielleicht weil er Terezia liebt oder im Streit - so genau weiß das nur Olof. Andererseits findet ja keiner in Smaskargard, dass Sjöbergs Tod ein echter Verlust sei. Da haben wir beschlossen, vorerst zu schweigen. Weil wir aber ein Faustpfand für den Notfall haben wollten, haben wir die Hinweise hier im Hause versteckt und den Schlüssel in der Gruft, damit keiner drankommt.

Allerdings warst du ja clever genug ...!

 

Nun sitzen wir alle drei betrapst da und wissen nicht recht, wie es weitergehen soll.

 

 

Aber eines weiß ich sicher: Detektivin ist auch kein Beruf für mich! Ich halte mich doch lieber an Kunst und Musik.